Wandel erfordert Forschergeist
In der Welt, in der Organisationen heute navigieren, greifen althergebrachte Problemlösungsmuster für die notwendige Bewältigung des Wandels nicht. Best-Practice war gestern. Ursache-Wirkungszusammenhänge sind nicht mehr vorhersehbar. Diese lassen sich bestenfalls hinterher erkennen. D.h. in anderen Worten, die Orientierung an Expertenmeinungen und umfangreichen Analysen allein, liefert keine erfolgsversprechenden Lösungen mehr.
Um trotzdem handlungsfähig zu bleiben, empfiehlt Snowden in seinem Cynefin Modell die Abfolge: «Experimentieren – Wahrnehmen – Reagieren», ähnlich der Start-Up Mentalität «Testen – Ausprobieren – Verwerfen». Diese Logik entzieht sich der Haltung in linearen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken und zu interpretieren.
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So wird auch das neue Managerbild gekennzeichnet von der Bescheidenheit des Nicht-Wissens, einer anpassungsfähigen Haltung und der bewussten Abkehr der Idee der Planbarkeit. Es geht nicht mehr darum alles zu wissen, sondern durch neugieriges Ausprobieren, mutige Ansätze und neue Lösungswege zu finden. Doch eine forschende Haltung erfordert ein Umdenken und das Loslassen überholter, einst wegweisender Muster.
Das systemische Organisationsverständnis liefert Ansatzpunkte zur Gestaltung der «neuen Normalität».
Wandel erfordert Vertrauensfähigkeit
Das dynamische Umfeld fordert heute mehr denn je neue Wege zu beschreiten. In etablierten Organisationen hat es das Neue jedoch schwer. Sie tendieren dazu Irritationen als Fehler zu betrachten und zu vermeiden. Die systemische Haltung ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Ressourcenorientierung: dem Vertrauen in das Vorhandensein der notwendigen Kompetenzen, um eine erfolgreiche Lösung herbei zu führen. Es ist eine von Wertschätzung geprägte Haltung, die die jeweilige Realität respektiert und annimmt und die Angst vor dem Scheitern in eine Kultur des Lernens verwandelt.
Kulturarbeit und Führung gehen dabei Hand-in-Hand. Es gilt eine Kultur zu etablieren, die bewusst zwischen notwendiger Null-Fehlertoleranz und dem Misslingen von Experimenten unterscheidet und den Glauben an die Entwicklungsfähigkeit der Beschäftigten etabliert. Führung muss Zutrauen in die eigene Mannschaft kultivieren und Mitarbeitende bei der Entdeckung von vorhandenen Fähigkeiten und Stärken unterstützen, die das Erproben neuer Handlungsmöglichkeiten und eine Erweiterung der bestehenden Problemlösungsmöglichkeiten in den Vordergrund stellen. Eine gemeinsame Haltung im Führungssystem und die Gelegenheit, Erfahrungen des Scheiterns gemeinsam zu analysieren sind entscheidende Erfolgsfaktoren bei der Etablierung einer neuen, positiven Fehlerkultur.
Wandel erfordert Reflexionsfähigkeit
Ein Blick auf die Start-Up Szene – dem momentanen Inbegriff für Innovation – lässt die Bedeutung organisationaler Reflexionsfähigkeit erahnen. Sie sind durch permanenten Wandel und Reorganisation gekennzeichnet. Um sich den veränderten Umwelten rasch und proaktiv anzupassen, ist vor allem die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung durch fortlaufendes kritisches Hinterfragen bedeutsam.
Der systemische Ansatz folgt selbst einem fortlaufenden Reflexions- und Anpassungsprozess. Durch das Sammeln von Informationen, das Bilden von Hypothesen wird die Basis für Interventionen gelegt. Nachdem eine Intervention gesetzt ist, kann dann wieder von vorne begonnen und beobachtet werden, welche Veränderung mit der Intervention erreicht wurde. Auch unternehmerische Entscheide sind Interventionen, die gewollt oder auch ungewollt, Veränderungen herbeiführen.
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Durch bewusste Management-Handlungen gilt es eine Balance zwischen Irritation und Stabilität der Organisation herbeizuführen.
Durch bewusste Management-Handlungen gilt es eine Balance zwischen Irritation und Stabilität der Organisation herbeizuführen. Kulturelle Elemente, die nicht mehr benötigt werden, sind zu verlernen und durch neue zu ersetzen. Oft fehlt es schlicht an der Zeit für den Blick zurück. Daher ist es wichtig, organisationale Strukturen und Plattformen zu schaffen, die es ermöglichen Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und anzustossen.
Wandel erfordert Kooperationsfähigkeit
Die Komplexität der Umwelt spiegelt sich in den Herausforderungen mit denen Organisationen heute konfrontiert sind. Disziplinen verschmelzen miteinander und machen ein interdisziplinäres Vorgehen notwendig. Probleme lassen sich nicht mehr durch die Entscheidungskompetenz und Expertise Einzelner lösen. Interdisziplinarität und die zunehmende Dynamik verlangen heute mehr denn je eine Aktivierung des gesamten organisationalen Innovationspotenzials. Veränderung wird damit zur Mannschaftsaufgabe, keiner kann das alleine machen.
Das systemische Vorgehen zielt in seiner Prozessarchitektur darauf ab, möglichst tragfähige, wirksame Lösungen zu generieren. Es setzt auf Partizipation und Vielfalt, und darauf, die gesamte Führungsmannschaft für die Veränderung zu gewinnen und als Membran zur Umwelt zu nutzen.
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Gemeinsam bringen Teams unter günstigen Bedingungen ungeahnte Lösungsmöglichkeiten hervor.
Strategiearbeit ist in diesem Kontext als Ausgangspunkt gemeinsamer Führungsleistung zu verstehen. Je turbulenter und unberechenbarer die Zukunft wird, desto stärker ist die organisationale Lernfähigkeit auf das kreative Potenzial und das Zusammenspiel aller Köpfe angewiesen. Gemeinsam bringen Teams unter günstigen Bedingungen ungeahnte Lösungsmöglichkeiten hervor. Traditionell, folgen Organisationen jedoch dem Postulat der Effizienz und vernachlässigen dabei gerne die fachübergreifende Zusammenarbeit. Funktionen, Bereiche und einzelne Teams müssen über geeignete Kommunikationsformate Aushandlungs- und Abstimmungsmechanismen miteinander verknüpft werden, um unter Minimierung von Reibungsverlusten und Maximierung der Perspektivenvielfalt übergreifende Lösungen zu finden.
Literatur: Wimmer 2001, Vorausschauende Selbsterneuerung / Schein 2003, Organisationskultur / Snowden 1999, Cynefin Framework / metaBeratung und IMD 2008, Agile Leader / Luhmann 2000, Vertrauen – ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität