Worauf es ankommt
Wer kennt das nicht – ein neues Organigramm wird eingeführt und die Probleme, die es zu lösen gilt, bleiben bestehen. Struktur ist kein Allheilmittel, sondern nur ein Stellhebel von vielen, um eine Organisation auf die Zukunft hin auszurichten. Ein neues Organigramm alleine kann meistens keine nachhaltige Wirkung entfalten. Im Kern geht es darum, die Mechanismen der Zusammenarbeit neu zu gestalten und dabei Reibungsverluste zu reduzieren und wettbewerbsrelevante Aspekte zu stärken.
Ein gut durchdachtes Organisationsdesign sorgt dafür, dass die Strategie bestmöglich realisiert, Wettbewerbsvorteile gehoben und die Effizienz gestärkt werden können. Es kann sein, dass dies auch eine Strukturanpassung erfordert, muss aber nicht. Es lohnt sich auch andere Stellhebel in den Blick zu nehmen.
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«Structure is only one facet of an organization’s design. This is important. Most design efforts invest far too much time drawing the organization chart and far too little on processes and rewards.»
Jay Galbraigh
Der Weg zum Organisationsdesign
J. Galbraight, hat die relevanten Wirkungszusammenhänge, die es bei der Neugestaltung zu berücksichtigen gilt in seinem STAR-Modell kompakt und nachvollziehbar dargestellt. Das Modell dient uns als Raster, die wesentlichen Elemente in die Wahrnehmung der Führung zu rücken und in der Organisation besprechbar zu machen. Neben der Strategie, die die Richtung vorgibt, spielen Struktur, Prozesse, Anreizsysteme, Fähigkeiten und Mindset sowie Kompetenzen eine wesentliche Rolle für die erfolgreiche Entwicklung der Organisation. All diese müssen ins Blickfeld und ihre unterstützende oder auch bremsende Wirkung aufeinander.
Es sind in der Unternehmensrealität meist mehrere Dimensionen im Spiel, die miteinander verknüpft werden müssen: Produkte oder Vertriebskanäle, wichtige Stakeholder-Gruppen, Leistungskategorien oder Regionen. Die zentrale Entscheidung bei der Gestaltung der Grundstruktur ist daher, welche der Dimensionen im Vordergrund stehen soll. Die anderen Dimensionen fallen deswegen nicht weg, im Gegenteil, die Komplexität bleibt und führt folgerichtig zu Aushandlungsprozessen und teils auch Interessenskonflikten, die fortlaufend von der Organisation ausbalanciert werden müssen: Kooperation trifft auf vertikale Abstimmung, Einzel- auf Gesamtinteresse, Zugehörigkeit und Zeitlichkeit spielen ebenso eine Rolle wie Offenheit und Abstimmung.
Erfolgsfaktoren bei der Implementierung
Angesichts der hohen Bedeutung, die ein Organisationsdesign für die Zukunftsfähigkeit heute hat, ist die Neugestaltung der Organisation zur gemeinsamen Führungsaufgabe aufgestiegen. Das gemeinsame Durchlaufen des Designprozesses erhöht nicht nur die Qualität des Ergebnisses, er leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Tragfähigkeit der neuen Lösung. Ohne Führung bleibt eine Struktur ein leeres Konstrukt. Führung verbindet alle relevanten Aspekte des Organisationsdesigns und sorgt für ein effizientes Zusammenspiel.
So haben wir gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden in verschiedenen Strukturprojekten gelernt, dass…
- das Organigramm meist am Ende des Prozesses steht und dann die logische Folge ist, ohne dass Widerstand dagegen erwächst.
- das Verstehen der Zusammenarbeit und der erbrachten Kernleistungen, also wer was mit wem wie erledigt, zentral ist für eine Neuorganisation.
- dass «Rollen» ins Zentrum von organisierter Zusammenarbeit rücken, weg von einem hierarchischen «Funktionsverständnis».
- die Einbindung von «Mächtigen», «Experten» und «Betroffenen» die Tragfähigkeit enorm erhöht.
- das Erarbeiten der Designkriterien und der Erfolgskriterien erst eine kraftvolle Ausrichtung bringt.
- die Story für die Veränderung auch hier zentral ist, und so weit als möglich auf «Telling» und «Listening» basieren sollte.
- Organisationsstrukturen immer Zielkonflikte in sich tragen und Erfolg nur eine Frage des Ausbalancierens über Führung und Eigenverantwortung ist.
Es gibt keine one-fits-all Lösung. Strukturen sind kontextspezifisch unter Berücksichtigung von Strategie und Kultur passgenau zum Unternehmen zu entwickeln. Und genau das macht die Arbeit an Organisationsstrukturen für uns herausfordernd und spannend zugleich.
Zum Nach- und Weiterlesen: Jay R. Galbraight, THE STAR MODEL ™ / Reinhart Nagel Organisationsdesign, 2017